Sonntag, 13. Juni 2010

Lernen von Pjöngjang


herzlich einladung zur eröffnung am montag!
grüße, fabian

"pjöngjang – die nach außen weitgehend abgeschottete nordkoreanische hauptstadt ist das hässliche zerrbild der postmodernen utopie: eine aus versatzstücken der weltarchitektur
zusammengebastelte stadt der oberfläche, der simulation, der fassade. in kim jong ils stalinistischem unterdrückungs system wird architektur zur kulisse eines theaterstücks, das den einzelnen menschen zum statisten einer totalen inszenierung degradiert: eine freiheit der formen ohne freiheit des individuums.

pjöngjang freilich mag eines der bizarrsten, vielleicht auch eines der naivsten beispiele sein für den versuch, architektur als kontroll- und erziehungsmittel zu verwenden – ein bloß exotischer sonderfall ist die nordkoreanische metropole indes nicht: sie ist gleichzeitig chiffre für die versteckten herrschafts- und machtstrukturen des städtebaus schlechthin.
denn
jede architektur ist form, die formt.

lernen von pjöngjang präsentiert eine audiovisuelle installation von arno brandlhuber, martin eberle, stefan schneider und christian posthofen, die ausschnitte aus der schrift über die baukunst des nordkoreanischen diktators kim jong il mit eindrücken aus der lebenswirklichkeit des landes kon frontiert.
fabian hesse reagiert auf die zumutung hohler repräsentationsgesten mit einer bewusst ver gänglichen, provisorischen anti-architektur, die
der dokumentation das räumliche setting gibt. ästheti sche gegenstrategien proben auch die
menschen in
ulla von brandenburgs singspiel: eingeschlos sen in das gehäuse von le corbusiers villa savoye, einer ikone des funktionalismus, setzen sie die fragilität, flüchtigkeit und poesie der menschlichen stimme gegen die emotionslose nüchternheit und kühle der architektur. ihr gesang wird zum exorzismus – und zum versuch eines gemeinschaftsstiften den tuns, das aus isolierten individuen ein soziales ganzes schaffen soll. die weißen raumkörper robert starks schließlich sind als reine objekte ebenso lesbar wie als abstrahierte architekturmodelle, die zwischen miniaturhaftigkeit und monumentalität pendeln. in der ideologischen uneindeutigkeit, mit der sie sich aus dem fundus architektonischer archetypen bedienen, stellen sie u.a. die frage nach schuld und unschuld architektonischer formen und nach den möglichkeiten ihrer weltanschaulichen aufladung und umwertung."

veranstaltungsprogramm: siehe http://laden.lothringer13.de/